work while climate (change)

Strategien für das Arbeiten in einer Welt, die sich weiter erhitzt

Work & Climate Links #003: Bürgerliche Resillienz und das langsame Aufwachen der Mittelschicht-Millenials?

Autor: Matthias

Seltsame zeiten - drei Personen in unterschiedlichen Zeitepochen, die das selbe auf Papier, Schreibmaschine und Laptop tippen

Es sind seltsame Zeiten. Aber vielleicht war das schon immer so – und jede Generation glaubte, am Wendepunkt zu leben. Stets dabei: Dieser leise Zweifel, ob man den eigenen Moment in der Geschichte überhaupt wirklich erkennt?

Können wir einen gesellschaftlichen Kollaps überhaupt rechtzeitig von innen heraus erkennen – und vor allem realistisch einschätzen, was er bedeutet? Oder funktionieren wir weiter, aus Gewohnheit, aus Pflichtgefühl – weil der Mensch eben auch im Ausnahmezustand den Bus zur Arbeit nimmt?

Familiär wurde mir oft erzählt, dass die meisten DDR-Bürger:innen nach ihrem extrem überraschenden Mauerfall-Ausflug nach West-Berlin am nächsten Morgen wieder ordnungsgemäß zur Arbeit in DDR-Betrieben erschienen sind.

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Sollte man also auch dankbar sein, dass unsere Gesellschaften angesichts der nun kommenden Folgen der Klimakrise eben nicht in Panik und Chaos verfallen?

Ist es nicht auch eine Form der Resilienz, stoisch zur Arbeit zu gehen und die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten? Dass der Protest zum Heizungsgesetz (zusätzlich aufgewiegelt durch die Gas-Lobby) vergleichsweise „harmlos“ verlief, keine Grünen-Politiker:innen ermordet wurden, kein Bürgerkrieg ausbrach?

Dass Faschist:innen den Staat liebend gerne in einer solchen Chaos-Situation in eine Diktatur transformieren würden, daran lassen sie seit Jahren keinen Zweifel.

Mit diesem „bare minimum“ von „Danke, dass kein Bürgerkrieg ausbricht!“ ist es natürlich extrem schwer, Gesellschaften auf klimaneutrales Wirtschaften, Wohnen, Essen & Co umzustellen. Ganz zu schweigen von der belastenden Drohkulisse „Krieg in Europa“ sowie der weiterhin bestehenden wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen Nationalstaaten: „Zuerst unseren Wohlstand sichern!“. Das macht eine schnelle, global-solidarische Lösung der Klimakrise in meinen Augen nicht einfacher.

Wo ist sie also, die gemeinsame Perspektive der Unter- und Mittelschicht für eine (halbwegs) lebenswerte Zukunft?

Leistbare Mieten, (endlich) gerechte Löhne für gesellschaftlich relevante Jobs, 36h-Woche / 4-Tage-Woche, Kita, ein bedingungsloses Grundeinkommen oder eine staatliche Job-Garantie? Klimaanlagen und Extremwetter-Schutz für alle?

Oder ein „Es bleibt bitte möglichst alles so, wie es jetzt ist!“?

Mir scheint, wir kommen langsam an den Punkt, dies ehrlich zu diskutieren.

Mein (vielleicht naiver) Glaube ist inzwischen übrigens, dass sich nachfolgende Generationen definitiv an riskantem Solar Geo-Engineering versuchen werden. Ich glaube nicht, dass sie sich einfach mit dem Leben in der Hitze-Hölle zufrieden geben. Dass die Babys und Kleinkinder, die man heute freudig auf der Straße sieht, zumindest eine letzte Selbstverteidigungs-Option haben beruhigt zumindest ein wenig.

Während ich mir all diese Fragen stelle, läuft im Hintergrund ein Vergleichsvideo für „smarte“ Küchenmaschinen und ich frage mich, ob ein jährliches Abo für eine „Guided-Cooking“-App wirklich nötig ist.

So schlimm kann es also (noch) nicht sein?

Während hier belanglose Einkaufsentscheidungen abgewogen werden, sterben anderswo Menschen – in Schützengräben, an Außengrenzen, in Hitze, Hunger oder Flucht. Diese Gleichzeitigkeit von Komfort und Katastrophe wirft eine unbequeme Frage auf: Was hält unsere Gesellschaft im Innersten zusammen – jenseits von Rückzug ins Private, „jeder ist seines Glückes Schmied“ und zynischer Abgrenzung?

Wie lernt man wieder gemeinsam ein „authentisches Wir“ zu sein?

Inhalt

Soli(darisches) Prepping – Kongress, 14.6.2025, Berlin

Die deutsche Hilfsorganisation Cadus e. V. sowie der AStA der TU Berlin veranstalten eine neuartige Konferenz, um das Prepping aus dem rechten Diskurs zu befreien:

Klimakrise, Kriege, Inflation, Blackouts – wir leben in einer Zeit, in der Krisen zum Dauerzustand geworden sind. Doch wie wir ihnen begegnen, ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch eine der Haltung: Rückzug ins Private oder Aufbau solidarischer Strukturen? Abschottung oder gegenseitige Hilfe?

Unser Ziel ist es, Prepping aus dem rechten Diskurs herauszulösen und es mit solidarischem, praktischem und politischem Handeln zu verbinden. Denn Krisenvorsorge geht auch anders – kollektiv, inklusiv und gerecht.

https://www.cadus.org/aktuelles/veranstaltungen/kongress-soliprepping

Großartig! Ich hoffe es gibt viele Berichte für alle Nicht-Anwesenden und viele Folge-Veranstaltungen! 💚 Im Blog hatte ich ja bereits öfter Tadzio Müller verlinkt, der sich ebenfalls inzwischen mit Solidarischem Katastrophenschutz und gemeinschaftlicher Klimaanpassung beschäftigt.

Die Erzählung, dass die Einzelnen zur Einrichtung ihrer Lebensumstände fähig sein sollen, ist Ideologie – Alex Struwe

Alex Struwe, geboren 1987, schrieb kürzlich im Essay Die falsche Gleichheit:

„Als Kind und Heranwachsendem fielen mir Klassenunterschiede nie auf. Sie waren in meinem Fall auch komplizierter gelagert als in einem Oben und Unten. Dank meiner Bildungsbiografie kann ich sehr gut in einer liberalen Gesellschaft mitmischen. Ich konnte als Jugendlicher Hermann Hesse lesen, Sturm und Drang fühlen und mit Tocotronic eingehegt rebellieren, ich verstehe Hochkultur und Feuilleton, kenne mich in Diskursen aus und weiss, was gemeint ist, wenn vor der Spaltung der Gesellschaft gewarnt wird. Und angesichts von AfD, Trump und autoritärer Bedrohung muss ich als Bildungsbürger zum Besitzstandswahrer jener demokratischen Ordnung werden, zu der ich doch nur der Idee nach als Subjekt dazugehöre. Allein, mir fehlt die ökonomische Grundlage, um wirklich Bürger zu sein. Bei mir als ostdeutschem Millennial rührt das daher, dass es in DDR-Familien eben nichts an Besitz zu erben gibt. […]

Eines Tages, wir waren schon Erwachsene, die sich nur noch selten sahen, sagte mein guter Freund zu mir, dass es zwischen uns einen Unterschied gebe: «Du willst die Welt immer noch verändern, ich habe mich mit ihr abgefunden. Und deshalb komme ich in ihr auch zurecht.» Ich  war empört, gekränkt und hielt dem lange Abwehr entgegen. Aber mittlerweile ist mir klar, dass dieser Unterschied tatsächlich entscheidend ist, genau genommen ging es die ganze Zeit darum: Gerade diese Gleichbehandlung im Bürgerhaus ermöglichte die Kehrseite, dass ich an allem, was mich von dieser Welt real trennte, selbst Schuld haben sollte.

Diese Erkenntnis hat eine recht banale Ebene. Immerhin ist die Idee, auf solche Weise seines Glückes eigener Schmied zu sein, offensichtlich ein bedeutender Teil der Geschichte, die sich die bürgerliche Gesellschaft von sich selbst erzählt. […] Diese hehren Erzählungen spiegeln die Anforderungen der bürgerlichen Gesellschaft: Wer nur genügend Opferbereitschaft zeigt, kann mit Fleiss alles erreichen. Die Wahrheit dieser bürgerlichen Individualität liegt darin, dass die Moderne eine Welt in Aussicht gestellt hat, in der wir tatsächlich selbstbestimmt frei und gleich leben könnten. Die Unwahrheit dieser Vision des freien Menschen ist, dass die Verhältnisse einfach nicht so sind. Die Erzählung, dass die Einzelnen zur Einrichtung ihrer Lebensumstände fähig sein sollen, ist Ideologie.

[…] Den ideologischen Gehalt der Eigenverantwortung erkennt man schnell daran, wie sich damit so ziemlich jeder gesellschaftliche Missstand privatisieren liess: Ölkonzerne haben den Menschen die zerstörerischen Auswirkungen der fossilen Industrialisierung erfolgreich als «ökologischen Fussabdruck» in die Schuhe schieben können; Leistung wurde zu einem sozialchauvinistischen Leitbild umgewidmet, nach dem nur Förderung verdient, wer auch genug gefordert wird; und Massenarbeitslosigkeit in Überakkumulationskrisen sollten die Menschen selbst bewältigen, als Unternehmer ihrer selbst und Ich-AGs, bis man sie jetzt wieder mit Drohung und Angst zum Dienst für den «Wirtschaftsstandort» diszipliniert.“

https://www.woz.ch/2523/essay/die-falsche-gleichheit

(via Michael Seemann)

By the way: Auch die Autorin Bianca Jankovska legte im Anti-Work-Buch den Finger in die Wunde der angeblichen Eigenständigkeit und Freiheit, die wir uns selber gerne im bürgerlichen Milieu zuschreiben.

„Über Chefs zu meckern gehört zum guten Ton, solange man morgens doch wieder brav zur Arbeit geht.“

In Deutschland wird mehr gearbeitet als je zuvor – Teresa Bücker

Screenshot
https://www.instagram.com/p/DJ6tjY4sXDH

Weitere Quellen hierzu:

Lasst uns stattdessen über gute, sinnvolle Arbeit sprechen – Sara Weber

Sara Weber, u.a. Autorin von „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“, appeliert in ihrer Kolumne der jetzige Arbeitsdebatte einen neuen Fokus zu verleihen:

Wir können uns Bullshitjobs nicht mehr leisten!

Die aktuelle Debatte um Arbeit macht mich wütend: Menschen in Deutschland arbeiten mehr denn je, das zeigen die Zahlen. Die Erwerbstätigenquote ist auf Rekordniveau, die insgesamt geleisteten Arbeitsstunden ebenfalls. In der politischen Debatte hingegen klingt es so, als wären alle faul.

Dabei ist das eigentliche Problem ein anderes, das Arbeitnehmer*innen nicht ein paar mehr Überstunden lösen können – und das in einer alternden Gesellschaft immer wichtiger wird: Wir verschwenden wahnsinnig viel Zeit und Energie mit sinnloser Arbeit.

Studien zeigen, dass sinnlose Arbeit uns müde macht und stresst. Im Schnitt gehen bei Vollzeitjobs mehr als acht Stunden pro Woche für unnötige Meetings oder sich wiederholende Aufgaben drauf. Das ist mehr als ein voller Arbeitstag. (Nur mal so für alle, die gern sagen, dass eine Viertagewoche keinesfalls umsetzbar wäre.)

Ich habe also einen Vorschlag an alle in Politik und Wirtschaft, die lautstark mehr Arbeit fordern: Lasst uns stattdessen über gute, sinnvolle Arbeit sprechen.

https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:7335904291754266626

Aus meiner persönlichen Sicht ein enorm wichtiger Einwand, gerade durch Pensionierungswellen werden ja eigentlich viele Stellen frei in Zukunft. Aber Optimismus macht sich auf Grund schlechter Bezahlung, inflexibler Arbeitszeiten, steigender Mieten und Lebenskosten eben gerade nicht breit?

Wie krass werden die KI-Auswirkungen wirklich?

Während die Auswirkungen von KI-Nutzung auf Rechenzentren und deren Energie- und Wasserverbrauch eindeutig messbar sind (Spoiler: es geht steil nach oben) – umso schwerer ist die Frage bzgl. Jobmarkt zu klären.

You are not your job. And soon, you won’t have one.“ – Carmen Van Kerckhove

Auf ihrer Kündigungsberatung thxbye.de (Instagram) verlinkte Bianca Jankovska den Beitrag „You are not your job. And soon, you won’t have one.“ von Carmen Van Kerckhove. Letztere sieht mit der Veränderung durch KI vor allem eine aufziehende „identity crisis“ auf uns zukommen:

„We’ve been sold a comforting story about work and identity: Get the right degree. Pick the right field. Build the right career. Follow these steps, and you’ll be secure—not just financially, but in knowing exactly who you are and where you fit in the world.“

Bianca Jankovska wählte dazu folgende Caption:

„Ja, ich mache eine Kündigungsberatung – aber mir ist natürlich trotzdem bewusst, was gerade auf dem Job Market abgeht.

White Collar Jobs sind nicht mehr sicher, und: könnte das vielleicht auch etwas Gutes bedeuten? Schließlich habe ich selbst erlebt, wie entfremdet und absurd sich viele der BS-Jobs in der Tech/Consulting Industrie anfühlen können. Dass Handwerk wieder Relevanz gewinnt? Großartig. Dass der Berufswechsel schwierig werden könnte? Nicht abzustreiten. Aber: die Zukunft ist hier, und wir können sie nicht aufhalten.“

Warum Erfahrung der beste Schutz gegen KI ist – Sascha Friesicke

Sascha Friesicke widmete dem Thema ein eigenes Video:

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Andreas Sator hatte dazu bereits zwei interessante Artikel in seinem Blog:

Ich merke es übrigens am eigenen Leib als Programmierer – wo früher People-Power nötig war, um möglichst viel Zeilen Code pro Person zu produzieren, sind nun durch KI neue Ansätze möglich die Geschwindigkeit zu erhöhen. Was das für die Qualität (und Sicherheit) bedeutet, ist eine anhängige Frage. Auch die tägliche Arbeit hat sich deutlich verändert. Matheus Lima bringt die Umstellung in The Hidden Cost of AI Coding auf den Punkt:

„Instead of that deep immersion where I’d craft each function, I’m now more like a curator? I describe what I want, evaluate what the AI gives me, tweak the prompts, and iterate. It’s efficient, yes. Revolutionary, even. But something essential feels missing — that state of flow where time vanishes and you’re completely absorbed in creation. If this becomes the dominant workflow across teams, do we risk an industry full of highly productive yet strangely detached developers?“

Und in einem weiteren Beitrag schreibt Matheus Lima:

„Of course, there’s the elephant in the room: job security. I had an engineer who was clearly holding back from using AI tools despite seeing the benefits. During our 1:1, they finally spoke what their fear was: “If I become twice as productive with AI, won’t the company just need half as many engineers?

I gave him/her the honest truth: “It’s impossible for me to promise job security for anyone. But think about this logically: we hired you before AI was a thing, and now that you’re significantly more productive with these tools, why would we let you go?”

Companies don’t (usually) fire their most productive people; they invest in them. The real threat isn’t AI—it’s sticking to outdated ways while the industry evolves around you. The engineers who embrace these tools will (well, probably) be just fine; the ones who ignore these tools, I’m not so sure…“
https://terriblesoftware.org/2025/04/07/making-ai-actually-work-on-your-team/

Ein einklagbares Recht auf Arbeiten im erlernten Beruf ist in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen

Mir persönlich war das noch gar nicht so klar im Detail, weil die Frage sich ja bzgl. KI schon stellt ob man zwangsweise umschulen müsste. Die Rechtslage – zumindest in der BRD – scheint hier relativ klar zu sein?

„Ein einklagbares Recht auf eine Wunscharbeit oder Arbeiten im erlernten Beruf ist in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_auf_Arbeit

„Wer etwa von Einnahmen aus Zinsen oder von einem Lotteriegewinn leben kann, darf nach Art. 2 („freie Entfaltung der Persönlichkeit“) in Verbindung mit Art. 12 Abs. 2 GG (s. u.) nicht zu einer Erwerbstätigkeit gezwungen werden. Druck eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen wird vom Staat nur auf diejenigen ausgeübt, die wegen Erwerbslosigkeit Transferleistungen erhalten wollen. Staatliche Transferleistungen können dem Antragsteller dann (teilweise oder ganz) vorenthalten werden, wenn er sich weigert, eine angebotene legale und ihm zumutbare Erwerbstätigkeit aufzunehmen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_auf_Arbeit

Podcasts

Wir haben unser Klassenbewußtsein verlernt – Schweigen ist Zustimmung!

Jens Brodersen und Patrick Breitenbach beleuchten einen wichtigen Aspekt, den ich auch bei mir selbst oft bemerke mangels Zugehörigkeit einer Gewerkschaft o.ä.:

„Viele ArbeiterInnen haben sich an die Systemzustände gewöhnt und Klassenbewußtsein und Geschichtswissen vergessen. Dabei sind die Sozialsysteme unserer Zeit das Ergebnisse jahrzehntelanger Kämpfe. Nun beginnt die Zeit der erneuten Repression und die letzte Phase der Umverteilung von unten nach oben. Zeit also sich das mal anzusehen! In dieser Follower-Episode schauen Patrick und Jens in die Geschichte, wie die ArbeiterInnenbewegung uns die Zukunft erstritten hat und auch wie diese gerade rückabgewickelt werden soll! Hört rein und empfehlt uns weiter.“

Podcast: Schweigen ist Zustimmung! – (Fragile) Erfolge der Arbeiterbewegung

Den Job kündigen, um sich endlich frei (vom System) zu fühlen? – Raphael Thelen im Pod der guten Hoffnung

Im Frühjahr 2023 lief ich auf dem Weg zur Arbeit überraschend an einer Straßenblockade der Letzten Generation am Wiener Westbahnhof vorbei. Ein Fußgänger tobte vor Wut und beschimpfte die Demonstrant:innen, obwohl er nicht mal von der Blockade betroffen war. Blanke Abneigung, Ignoranz und Wut lag in der Luft.

„Eigentlich müsste ich mich jetzt auch dazusetzen“ dachte ich mir damals. So untätig und langsam darf es ja eigentlich nicht weiter gehen. Sonst reiten wir nachfolgende Generation – also die Babys und Kleinkinder, die man heute so fröhlich auf den Straßen sieht – noch viel tiefer in die Sch*ße hinein. Ich teilte die Analyse der Protestler:innen – über die Strategie des Blockierens kann man sicherlich weiterhin herzhaft streiten.

Damals entschied ich mich weiterzugehen, um meinen Zug zur Arbeit noch zu erwischen. Halt doch wieder ‚business as usual‘ statt mal stehen zu bleiben. Noch am Schreibtisch hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass die Aktivist:innen nun beschimpft oder sogar körperlich angegangen werden. Alles nur, weil sie den Wahnsinn irgendwie stoppen wollten, der mich damals ebenso stark emotional mitnahm („Klimagefühle“).

Raphael Thelen, Jahrgang 1985, hat es im Jahr 2023 anders gemacht. Er hat sich aktiv dazugesetzt. Auch bei ihm wuchs über die Jahre der Zwiespalt zwischen der Analyse „Wir müssen dringend etwas tun gegen die Klimakrise!“ und dem Daily-Business, in welchem ihn Kolleg:innen immer öfter fragten „Bist du Aktivist oder Journalist?“.

Er hängte seinen Job an den Nagel und wurde Aktivist bei der Letzten Generation:

„Dieses Gefühl, zu sagen „Hey ich mach jetzt nicht mehr mit. Ich bin nicht mehr Teil dieses Systems, ich stell mich dagegen. Ich leiste Widerstand.“ war schon total befreiend. Ich bin dann am Kanal in Berlin entlanggelaufen und hatte richtig gute Laune. Geil, das ist endlich etwas, was sich angemessen anfühlt.“

Die letzte Generation hat sich inzwischen aufgelöst, Thelen ist Teil einer Nachfolge-Bewegung „Neue Generation“. Eine weitere Bewegung ist das Widerstands-Kollektiv, vgl. Bluesky-Post von Kevin Kubeth. Zum Abschluss des Podcasts sagt er auch, dass nicht alle ihren Job aufgeben müssen um aktiv zu werden. Zum Podcast:

Erleben wir das Ende des Westens, Philipp Blom? – Falter Radio

Die Nachkriegsordnung ist im Umbruch, aber wohin die Reise geht, ist offen. Warum die Werte der Aufklärung – Demokratie, Menschenrechte und evidenzbasiertes Denken – wieder aufleben müssen – und ob sie die Rückkehr der Tyrannen stoppen können, analysiert der Historiker, Autor und Philosoph Philipp Blom.

Viele spannende Gedanken dabei, u.a. zum Nicht-Abdriften in Zynismus. Zum Podcast:

Bregman Wants to Save Elites From Their Wasted Lives – The Daily

Rutger Bregman war zu seinem Buch und dem Ansatz der School of Moral Ambition zu Gast im The Daily Podcast, wo durchaus auch kritische Rückfragen gestellt wurden. Sein Buch ist nun auch auf englisch erschienen, ab jetzt wird es ggf. spannend(er).

Killt das österreichische Sparbudget den Klimaschutz? – Falter Natur

In Österreich stellt sich nach dem Regierungswechsel die Frage: Killt das Sparbudget den Klimaschutz?, u.a. besprochen im Falter Natur Podcast mit Katharina Kropshofer, Katharina Rogenhofer (Kontext Institut), Julia Herr und Raimund Löw.

Reportagen

Happy Midlife Crisis! – unhappy/Ronja von Rönne

Die “Mid-Life-Crisis”: Für viele Menschen ist die Lebensmitte eine Krisenzeit. Wie kommt man da gut durch?

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Raus aus der Einsamkeit – geht das? | Y-Kollektiv

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Erster Teil auf YouTube, weiter geht es in der ARD-Mediathek. Beitrag von Lea Semen. Bis Herbst 2025 gibt es auch ein multimediales Projekt: https://www.swr.de/home/exit-einsamkeit/index.html

Bücher

Wofür wir arbeiten – Barbara Prainsack

Barbara Prainsack, Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, hat im Jahr 2023 ein tolles, kurz-knackiges Buch zur Frage der Zukunft der Arbeit geschrieben: Wofür wir arbeiten. Sie ordnet dabei auch Grundlagen wie „Was ist Arbeit“, „Was ist Kapitalismus“ ein. Für sie ist die logische Schlussfolgerung der heutigen Probleme die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, einer staatlichen Job-Garantie steht sie kritisch gegenüber. Dicke Leseempfehlung! 💚

Prainsack was ist arbeit
Prainsack was ist arbeit 2
Prainsack laenger arbeiten

Debatten

Capitalism (and Degrowth vs. Green Growth): Doha Debates with Jason Hickel, Anand Giridharadas, Ameenah Gurib-Fakim

Durch einen Ausschnitt auf Instagram bei Jason Hickel wurde ich auf diese Debatte aufmerksam, die nun doch wieder fast fünf Jahre zurückliegt. Erschreckend ist, dass wir seitdem – zumindest meiner Beobachtung nach – nicht deutlich weiter gekommen sind bei der Frage grünes Wachstum oder Degrowth. Die Debatte ist weiter aktuell:

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https://www.instagram.com/p/DHssmo8sFvn/?img_index=1

Kleine Aufmunterung für Millenials

Zu guter letzt ein kleine Aufmunterung, auch wenn Generationen-Einteilungen wissenschaftlich stark umstritten sind:

„You are not a failure. You are not falling behind. You are not broken. You are just a millenial and you might just be feeling a tad burnt out and directionless right now. But you are not alone and this is kind of to be expected because as a generation we were raised on a system of values and beliefs and truths that seem to work out pretty well for a world of the 90s – but today, it feels a little bit broken. […]“ – Peter Guse, Millennial Reset

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https://www.instagram.com/p/DKdABVPhkLz/

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